Vom 16.02.2025 bis 27.02.2025 fanden in Prag die Weltmeisterschaften der Senioren für 4erMannschaften statt. Eine stattliche Zahl von 54 teilnehmenden Mannschaften aus 22 Ländern, darunter 3 Frauenmannschaften mit separater Wertung in der Ü65. Klare Favoriten waren die Lasker Schachstiftung mit dem amtierenden Seniorenweltmeister Rainer Knaak am 1. Brett und England 1 mit John Nunn an Brett 1. Nach der Papierform konnten nur noch France 1, Italy und Czech Republic einigermaßen mit diesen Mannschaften mithalten. Team Saxonia startete von Platz 9, nicht weit weg von den unmittelbar vor ihnen eingereihten Mannschaften, aber auch nur knapp vor einigen dahinter lauernden Teams. Unser optimistisches Ziel war Platz 5 oder 6 bei optimalem Verlauf.
Diese Weltmeisterschaft fand nur etwa 7 Monate nach der Weltmeisterschaft in Krakau statt, die zwar insgesamt zufriedenstellend für uns verlaufen war, aber nicht optimal. Unser Team hatte nicht nur den Namen geändert, sondern wollte auch zwei neue Spieler integrieren. Darunter mit Bodo Schmidt einen FM und mit Alexander Okrajek einen starken und etwas jüngeren Spieler. Dazu kamen FM Bernd Baum, Jürgen Kyas und Friedbert Prüfer, die schon in Krakau gespielt hatten. Wie immer ist die 1. Runde etwas speziell. Ich ahnte schon nichts Gutes, als die Auslosung gegen die schwierige Ukraine bekannt wurde. In Krakau spielten wir nur 2:2, ich hatte mit meiner Niederlage einen Anteil daran. Hinzu kam, dass in Prag durch einen Fehler die falsche Brettreihenfolge im Internet stand. Dadurch lief unsere Vorbereitung an Brett 2 und Brett 3 ins Leere. Leider kam es wie befürchtet. Nach 2,5 Stunden deutete alles auf einen klaren Sieg hin, als plötzlich die Partien an Brett 1 und 2 kippten. Alexander Okrajek an Brett 4 stand zwar immer noch sehr gut, aber meine Partie war ein glattes Remis. Damit drohte ein 2:2, im besten Fall. Leider verfiel ich auf die unglückliche Idee, das Endspiel gegen meinen bis dahin sehr vorsichtig agierenden Gegner wegen dessen Zeitproblemen deutlich zu verschärfen. Das ging völlig daneben, er spielte plötzlich sehr stark und schnell und wir verloren 1,5 : 2,5 gegen einen wesentlich schwächer eingestuften Gegner. Nach einer weiteren Pleite in Runde 3 war der Fehlstart komplett. Glücklicherweise verfiel bei uns niemand in Resignation, immerhin waren noch 6 Runden zu spielen. Wir wollten einfach jedes Spiel als Endspiel betrachten. Nach einem glatten 4:0 in Runde 4 kam die Saxonia in Fahrt und gewann 5 Matches hintereinander. Besonders wichtig und schwierig war dabei der Kampf gegen die mit 4 IM antretenden Ungarn in Runde 8. Bodo Schmidt hielt mit gewaltigem Kampfgeist und Können sein sehr schwieriges Endspiel Remis und Bernd Baum erspielte sich den Preis für die beste Partie der 8. Runde. Da auch Jürgen Kyas und Alexander Okrajek sicher remisierten, waren wir nach diesem 2,5:1,5-Sieg alleiniger Tabellendritter, sogar noch in Schlagdistanz zur Lasker Gesellschaft. Als Prämie durften wir in der letzten Runde an Tisch
1 gegen England 1 spielen. Die Engländer gönnten John Nunn, der bis dahin durchgespielt hatte, eine Pause und wir waren nicht so vermessen, daraus Erfolgschancen abzuleiten. Auch so spielten sie noch mit 2 GM, einem IM und einem FM. Schwieriges Ziel war ein 2:2, damit würde der 3. Platz in Reichweite kommen. Nicht unwichtig, England 1 brauchte einen Punkt zum sicheren 1. Platz. Zunächst lehnten die Engländer unsere Remisangebote geschlossen ab. Nach und nach entwickelten sich die Dinge bis auf Brett 2 in die richtige Richtung. Als wir an Brett 3, Brett 4 und Brett 1 mindestens Ausgleich hatten, wurden diese drei Bretter schnell Remis. An Brett 2 stand Bodo Schmidt schwierig. Ausgerechnet eine Variante von John Nunn, die dieser vor vielen Jahren einführte, drohte uns zum Verhängnis zu werden. Zum Glück für uns machte sein Gegner nicht die aller stärksten Züge, so dass sich der Vorteil in scharfer Stellung in Grenzen hielt. Als letzter Spieler wollte er dann wohl die Verantwortung nicht übernehmen und remisierte in besserer Stellung auch. Damit war das erste Teilziel erreicht. Jetzt konnten uns nur noch 2 Mannschaften mit hohen Siegen den 3. Platz streitig machen. Italien hätte ein 3:1 gereicht. Aber es kam dort schnell zu 3 Remisen. Plötzlich führte aber Israel 3:0, ein 4:0 würde für Platz 3 wegen der besseren Drittwertung reichen.
Nur noch Brett 1 spielte und war zeitweilig nicht weit vom Gewinn entfernt. Dabei zusehen zu müssen und nicht eingreifen zu können, war schon eine Art Folter. Schließlich nivellierte sich die Stellung zum Dauerschach. Damit war Saxonia der 3. Platz nicht mehr zu nehmen und wir freuten uns auf die Siegerehrung am Abend und die anschließende große Mannschaftsfeier. Unser Punktemotor war Bernd Baum an Brett 3 mit sehr starken 6 Punkten aus 7 Partien. Alle anderen Spieler verteilten die Punkte ab Runde 5 so, dass es bis zur 8. Runde immer zu 2,5:1,5 Siegen langte. Ein gutes Pferd springt eben nur so hoch wie es muss... Bernd Baum und Alexander Okrajek (mit 5 aus 7) belegten jeweils einen starken 4. Platz in der Brettwertung an ihren Brettern. Das Ergebnis von Alexander war sehr erfreulich, da es sein erstes Mannschaftsturnier dieser Art war. Aber mit solidem Spiel nach vorn sammelte er Punkt für Punkt. Jürgen machte Brett 1 wie immer dicht. Genau deswegen wurde er dort aufgestellt. Bodo Schmidt merkte man anfangs die lange Turnierpause an, aber er wurde immer stärker mit dem Remis im Abnutzungskampf der 8. Runde als Höhepunkt. Ich als Teamchef war anfangs auch mit einer Reihe von belastenden administrativen Angelegenheiten beschäftigt, aber Ende gut, alles gut. Wie sagte Bodo Schmidt völlig richtig: „Unser toller Erfolg hat die negativen Begleitumstände glücklicherweise nach hinten gedrängt“. Zu den negativen Umständen zählen wir dabei die unserer Auffassung nach für Seniorenturniere überzogenen Anti-Cheatingmaßnahmen sowie die schwierigen Hotelverhältnisse mit unter anderem viel Lärm Tag und Nacht. Auch im Turniersaal war zeitweilig für Schachturnierverhältnisse ein enormer Lärm, bewirkt durch viele erkältete Spieler und die beim Aufstehen stark quietschenden Stühle.