thumb_15_Jahre_Blindenschachklub_ChemnitzDie Wiege des deutschen Blindenschachs stand in Sachsen; 1924 wurde an der Chemnitzer Blindenschule die erste Blindenschachgruppe gebildet.(1) Als R. Schöne, der ihr angehört hatte, 1931 nach Leipzig kam, warb er auch hier als Mitglied des Blindenvereins unermüdlich für das Schach. Seinen ersten Schülern Heinz Frenzel, H. Reinicke, Paul und H. Glauch folgten weitere nach, so dass regelmäßig Spielabende stattfanden.

 

 

 

 

Am 30. September 1932 erhielt Leipzig seine erste Blindenschachgruppe. Erster Klubleiter war Paul Glauch. Neben dem internen Spielbetrieb trug man Freundschaftskämpfe gegen Sehende aus. Der Anschluss an den Deutschen Schachbund ermöglichte die Teilnahme an den Leipziger Mannschaftsmeisterschaften. Die Initiative der Leipziger führte 1938 zur Austragung der ersten Sachsen-Einzelmeisterschaft der Sehbehinderten in Dresden. 1941 fand die zweite Sachsenmeisterschaft in Leipzig und 1943 die dritte in Chemnitz statt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war man bemüht, die Blindenschachgruppen wieder zu aktivieren. Großen Anteil daran hatte der Leipziger Schachfreund Gerhard Lindner. Er führte Schachfreunde im Blindenheim Käthe-Kollwitz-Straße zusammen, die bald - eingereiht in die BSG Einheit-Ost - ihr Spiellokal in der Kongresshalle am Zoo , später im Neuen Rathaus fanden. (Unabhängig vom Behindertenschach gründete Max Pflaum die Leipziger Schachsektion Lindenau-Hafen, aus der die BSG Motor Lindenau hervorging. 1964/65 fand ihm zu Ehren ein Gedenkturnier statt.)
Die blinden bzw. sehbehinderte Schachsportler Dresdens waren über einen längeren Zeitraum einem der Niedersedlitzer Schachvereine bzw. der SG Versehrte angeschlossen. Der aus dem Arbeiterschach stammende Hellmuth Wortmann (+1972) belegte von 1950 bis 1969 stets gute Plätze bei DDR-Meisterschaften im Blindenschach, 1959 wurde er mit der Mannschaft DDR-Meister; 1969 spielte er im Länderkampf gegen Ungarn am 3. Brett. In den fünfziger und sechziger Jahren fehlte er nur selten bei einer DDR-Meisterschaft.
1949, kurz vor Gründung der DDR, hatte eine Blinden-Schachmeisterschaft der sowjetischen Besatzungszone stattgefunden, die Wilhelm Pflume (Leipzig) gewann. Bei der 1. DDR-Meisterschaft im Jahr darauf errang Rolf Schütz (Leipzig) vor Hans Wünsch (Görlitz) den Titel. Bis 1990 folgten 29 weitere Meisterschaften (2) (siehe Ergebnisse im Anschluss). Bei der 1. (gesamt-)Deutschen Blindenschachmeisterschaft 1951 belegte Hans Wünsch (Görlitz) hinter Willi Würtz (Köln) noch den 2. Platz. 1955 wurde er Erster; die weiteren sächsischen Teilnehmer Walter Steinert (Frankenberg), Herbert Lange (Görlitz) und Schütz (Leipzig) erreichte die Plätze 4 – 6. Hans Wünsch – nicht zu verwechseln mit dem DDR-Blindenmeister von 1969 und 1973, Klaus Wünsche (Karl-Marx-Stadt, später Berlin) – gewann bis zu seinem Ableben im Jahr 1969 noch mehrfach die DDR-Meisterschaft.
Hier ist zunächst einzufügen, dass das Blindenschach der BRD seit 1951 im Deutschen Blinden- und Sehbehinderten-Schachbund (DBSB) organisiert war, der als gleichberechtigtes Mitglied dem Deutschen Schachbund angeschlossen ist. Der DBSB gehörte zu den Gründern des Weltverbandes IBCA im Jahr 1956. Von diesem Zeitpunkt an fanden Weltmeisterschaften, Schacholympiaden und Fernschachweltmeisterschaften für Blinde und Sehbehinderte statt. In der DDR waren die behinderten Schachsportler in der Sektion Schach organisiert, bis 1957 der Deutsche Verband für Versehrtensport als Teil des Deutschen Turn- und Sportbundes entstand. Der mehrfach erwähnte DTSB-Beschluss von 1972 galt für diesen Verband nicht, da er wegen seiner Verbindungen zu internationalen Organisationen einen Sonderstatus besaß. So stand der Teilnahme behinderter Schachsportler an Weltmeisterschaften und Olympiaden nichts entgegen, und auch sächsische sehbehinderte Schachspielererzielten beachtliche Ergebnisse.
Bei der II. und III. Blinden-Schacholympiade 1964 und 1968 führte Altmeister Erich Kübart – zuletzt stark sehbehindert – die DDR-Mannschaft an. Zuvor hatte er bereits Lehrgänge des Blindenschachs geleitet. In jüngerer Vergangenheit waren besonders Werner Kranz (jetzt Hamburg), Willi Pawlowski (Leipzig) und Wolfgang Rother (jetzt Chemnitz) für Sachsen aktiv. Heute stehen die Leipziger Olaf Dobierzin und Jürgeb Pohlers an der Spitze des sächsischen Sehbehinderten-Schachs. Nicht unerwähnt bleiben darf der Anteil eines DDR- und Bundestrainers an den Leistungen sächsischer sehbehinderter Schachsportler. Ihre Erfolge sind nicht zu trennen vom langjährigen Wirken Detlef Neukirchs (Halle), bis 1990 Mitglied der Schachgemeinschaft Leipzig/BSG Baukombinat Leipzig. Ergebnisse .

Der Beitrag stützt sich auf Zuarbeiten von Peter Schulz (Leipzig).

 

 

1 Nach Untersuchungen von Reinhard Kehl, Halle

2 Bis 1969 (20. Meisterschaft) fanden sie jährlich, danach bis 1987 (29.) aller zwei Jahre statt, zur 30. kam es 1990.